
Keynotes
Modern RE 2025
09:20-10:20 Uhr | 17. September 2025 | Plenum
Pflichtenheft oder Projektgrab? – wie man das Scheitern erkennt, bevor es beginnt
Viele IT-Projekte scheitern – und das nicht erst nach Monaten der Entwicklung, sondern oft bereits in der ersten Phase: beim Requirements Engineering. Was als scheinbar strukturierte Anforderungsspezifikation beginnt, enthält in der Praxis häufig bereits die Ursachen für spätere Verzögerungen, Budgetüberschreitungen oder gar Totalausfälle. Aus der Perspektive eines IT-Sachverständigen, der regelmäßig mit der forensischen Analyse gescheiterter Projekte befasst ist, zeigt dieser Vortrag auf, wie man schon zu Projektbeginn erkennt, ob ein Vorhaben auf gesunden Beinen steht – oder ob das Pflichtenheft bereits den Grabstein trägt.
Der Vortrag beleuchtet typische Fehlerquellen im Anforderungsmanagement, die in der Praxis regelmäßig zu Problemen führen: unklare Begrifflichkeiten, fehlende Priorisierungen, nicht berücksichtigte Wechselwirkungen, lückenhafte Stakeholder-Analysen oder unrealistische Annahmen über Systemumgebungen. Darüber hinaus wird diskutiert, wie sich organisatorische Dysfunktionen, politische Agenden und methodische Schwächen in den Requirements widerspiegeln – und wie ein Sachverständiger diese Indizien interpretiert.
Anhand realer Fallbeispiele und anonymisierter Gutachtenerfahrungen wird gezeigt, wie sich Projekte aus Sicht eines Sachverständigen „lesen“ lassen. Dabei geht es nicht um theoretische Idealkonzepte, sondern um praxisnahe Kriterien und Einschätzungen, mit denen sich bereits vor dem ersten Sprint die Tragfähigkeit eines Projekts bewerten lässt.
Ziel des Vortrags ist es, bei Projektleiter:innen, Analyst:innen und Architekt:innen ein geschärftes Bewusstsein dafür zu schaffen, wie entscheidend die Qualität der Anforderungserhebung für den gesamten Projekterfolg ist – und wie man bereits in der Frühphase drohendes Scheitern erkennt und verhindert.
Denn eines ist sicher: Schlechte Requirements werden nicht besser, wenn man sie umsetzt. Und manchmal ist der klügste Schritt im Projektmanagement, ein Vorhaben gar nicht erst zu starten – zumindest nicht unter den gegebenen Voraussetzungen.
Key Takeaways
- Wie man an unklaren, widersprüchlichen oder lückenhaften Anforderungen früh erkennt, dass ein Projekt scheitern wird.
- Einblicke in typische Fehler, Warnzeichen und Bewertungen aus Sicht eines IT-Sachverständigen – bevor der erste Code geschrieben ist.

Professor für Software Engineering und IT-Management | PFH Private University of Applied Sciences Göttingen
Prof. Dr.-Ing. Stefan Wagenpfeil ist Professor für Software Engineering und IT-Management an der PFH Göttingen, promovierter Informatiker und Experte für KI-Integration in Industrie und Medien. Mit über 25 Jahren Erfahrung in Softwarearchitektur, IT-Strategie und Innovationsmanagement verbindet er Theorie und Praxis. Er gründete 1999 die Step2e Innovation GmbH und war in internationalen Projekten u.a. für DMG MORI und SAT.1 NRW tätig. Seine Schwerpunkte: generative KI, Industrie 4.0, AR/VR und digitale Zwillinge. Er berät die EU-Kommission, ist IT-Sachverständiger, Fachbuchautor und internationaler Speaker, u.a. in Brüssel, Las Vegas und Berlin. Ausgezeichnet u.a. mit dem Duke’s Choice Award und dem Innovationspreis des Bayerischen Wirtschaftsministeriums.
09:15-10:15 Uhr | 18. September 2025 | Plenum
Product Velocity: Lessons aus der Softwarewelt für die physische Produktentwicklung
Die Produktentwicklung steht unter Druck: steigende Komplexität, immer kürzere Time-to-Market-Zyklen und globaler Wettbewerbsdruck (Stichwort „China Speed“) fordern radikale Veränderungen. Klassische Entwicklungsansätze geraten an ihre Grenzen. Agile Ansätze im Systems Engineering zeigen bislang nur begrenzte Wirkung: Silos bleiben bestehen, Entwicklungszyklen verkürzen sich kaum, und viele Prozesse dienen eher der Compliance als dem Fortschritt. MBSE bleibt eine Nischenlösung. Die Folge: lange Liegezeiten, langsame Entscheidungen, fehlende Anpassungsfähigkeit.
Die Softwareentwicklung stand vor 25 Jahren vor ähnlichen Herausforderungen. Ein grundlegender Paradigmenwechsel war die Antwort: Versionskontrolle, semantische Versionierung, CI/CD, automatisierte Tests, Open-Source-Ökosysteme, moderne IDEs und agile Methoden haben dort zu mehr Tempo, Robustheit und echter Parallelisierung geführt.
Lassen sich diese Prinzipien auf die Produktentwicklung übertragen? Erste Case Studies zeigen: ja, das geht. SpaceX etwa überarbeitet seine Raptor-Triebwerke im Zwei-Tages-Rhythmus – Design, Fertigung, Test. Möglich wird das durch neue Werkzeuge, die Silos aufbrechen und Systemverhalten in Echtzeit simulieren. Flow Engineering etwa erlaubt es, Auswirkungen von Designänderungen sofort zu erfassen: Wird eine Pumpendrehzahl erhöht, fließt diese Information ins CAD-Modell, wird in eine neue Geometrie überführt und durch eine Strömungssimulation bewertet. Das ermöglicht echte Agilität: Entwicklung wird schneller, Feedbackzyklen kürzer, Lernen kontinuierlich.
Der Vortrag adressiert drei zentrale Fragen:
1. Wie gelingt es heute schon, Produktentwicklung ähnlich wie Softwareentwicklung zu betreiben? Beispiele aus Unternehmen zeigen, wie Versionierung, Modularisierung und automatisierte Tests in der physischen Welt funktionieren – und wo die Grenzen liegen.
2. Welche neuen Werkzeuge denken Produktentwicklung radikal neu? Unternehmen wie Valispace, Flow Engineering oder Dalus schaffen mit webbasierten, kollaborativen, KI-gestützten Tools völlig neue Möglichkeiten.
3. Wie lässt sich echte Parallelisierung erreichen? Lean Systems Engineering zeigt Wege, durch dezentrale Verantwortung, klare Schnittstellen und kontinuierliche Integration einen Quantensprung in Produktivität und Geschwindigkeit zu realisieren.
Dieser Vortrag liefert Impulse, wie Unternehmen kurzfristig ihre Produktivität steigern und langfristig ihre Innovationsfähigkeit sichern können.

Principal Systems Engineer |
Formal Mind GmbH
Dr. Michael Jastram ist Experte für Systems Engineering und Anforderungsmanagement mit Fokus auf moderne Ansätze wie MBSE, KI und agile Methoden in der Produktentwicklung. Als Geschäftsführer der Formal Mind GmbH unterstützt er Unternehmen beim Aufbau schlanker, effektiver Entwicklungsprozesse.
Auf seinem Blog se-trends.de analysiert er aktuelle Entwicklungen im Systems Engineering. Er ist international als Berater und Speaker gefragt und verbindet methodisches Know-how mit praktischer Umsetzungskompetenz.
Deine Ansprechpartnerinnen


Christina Scriba
Projekt- & Konferenzmanagerin
+49 341 23822965
scriba@summit-community.de
Sabrina Anders
Event Managerin
+49 341 23822959
anders@summit-community.de